Einst Aufstiegskandidat, geht es für den radikal verjüngten SV Seligenporten in dieser Saison nur um den Ligaverbleib.

Wenn der SV Seligenporten an diesem Samstag (14 Uhr) mit dem Heimauftritt gegen den TSV Karlburg in die Saison startet, könnte es gut sein, dass sich so mancher Zuschauer verwundert die Augen reibt. Denn mit dem Team aus der Vorsaison hat der aktuelle Kader nur noch sehr wenig gemeinsam. In der Mannschaft, die am 30.09.2020 gegen den SC Eltersdorf das bis dato letzte Punktspiel absolvierte, ist mit Christian Knorr nur ein Spieler zu finden, der noch beim SVS weilt. Überhaupt musste mit 16 Abgängen ein gewaltiger Aderlass hingenommen werden. Neben Knorr ist mit Bernd Rosinger nur noch ein unumstrittener Stammspieler aus der Vorsaison vorhanden.

Dieser Umbruch bringt es mit sich, dass mit Manfred Strobel und vor allen Dingen Josip Bajic Akteure aus der ehemaligen zweiten Reihe plötzlich in der Verantwortung stehen. Obgleich gerade Mal 21 Jahre alt, hat Bajic diese Aufgabe bereitwillig angenommen und dirigiert von einer der beiden Sechser-Positionen lautstark seine Kameraden. „Josip schlüpft immer besser in seine Führungsrolle hinein“, freut sich Trainer Gerd Klaus denn auch über diese Entwicklung.

Nur zwei Neue mit Erfahrung

Herbert Schötterl (26) und Marcel Fürsattel (27) sind die bei weitem ältesten Neuzugänge und auch die einzigen, die im Herrenbereich Erfahrung im höherklassigen Amateurfußball vorweisen können. Während Schötterl mit Tim Pager um den Platz zwischen den Pfosten wetteifert, soll Marcel Fürsattel die Abwehr sowohl stabilisieren als auch organisieren. Ansonsten setzen die Verantwortlichen voll auf die Jugend. So sind sechs der insgesamt 13 Neuzugänge jünger als 20 Jahre. Noch stärker sichtbar wird der Jugendstil im Schatten des gotischen, das gesamte Dorf beherrschenden, Klosters bei einem Blick auf den gesamten Kader, wo von 19 Spielern ganze vier das 25. Lebensjahr vollendet haben. Das kann die Verantwortlichen aber nicht davon abhalten, einen gewissen Optimismus zu verbreiten. „Die jungen Spieler kommen alle aus Nachwuchsleistungszentren, wo sie eine gute Ausbildung bekamen. Wenn die Mechanismen verinnerlicht sind, werden wir bestimmt konkurrenzfähig sein“, erklärt Geschäftsführer Heinz Tischer. Auch sein Angestellter Klaus ist voll des Lobes und gesteht sogar, dass „ich mehr Spaß an meiner Arbeit habe, als in der vergangenen Saison.“

Auch die Anfangsschwierigkeiten konnten seiner Lust an dieser, für ihn völlig ungewohnten Aufgabe, nicht viel anhaben

„Bei uns gab es anfangs große Probleme, weil wir nur sehr wenig Spieler hatten und es somit nicht möglich war, gewisse Trainingsformen einzuüben“, weist Klaus auf die Startschwierigkeiten hin, die sich bei der 2:4-Niederlage gegen den Bezirksligisten SC Ottensoos überdeutlich zeigten. Danach, so der Übungsleiter weiter „hat sich die Mannschaft von Spiel zu Spiel gesteigert.“

Einem 5:4 nach 2:4-Rückstand beim Landesligisten BSC Woffenbach folgte ein lockeres 7:1 beim ASV Herpersdorf (A-Klasse). Nicht wenig der vorherigen erheblichen Trainingsbelastung geschuldet war das mühsame 3:0 gegen den TSV Mörsdorf (Kreisklasse), bevor die neuformierte Equipe beim 1:0 gegen die SG Quelle Fürth (Landesliga) zumindest im ersten Durchgang überzeugte.

Pokalpleite zeigt Baustellen auf

Die auch in der Höhe gerechtfertigte 0:4-Pleite im Totopokal beim Ligarivalen SpVgg Ansbach machte dann deutlich, dass es beim SVS noch jede Menge Baustellen gibt. „Wir haben viel zu langsam umgeschaltet“, waren Klaus die Schwierigkeiten bei den schnellen Angriffen des Gegners natürlich nicht verborgen geblieben. Kein Wunder also, dass er sich gerne noch „mindestens zwei Wochen Vorbereitung“ wünschen würde.

Stattdessen geht es nun gegen den TSV Karlburg darum, flugs in den Wettkampfmodus umzuschalten.

Mit dem Bayernliga-Aufstieg in der vergangenen Saison, feierte der Klub seinen größten Erfolg in seiner 125-jährigen Vereinsgeschichte. Dieser stand lange Zeit auf arg tönernen Füßen, kämpften die Unterfranken doch alsbald gegen den Abstieg. Aufgrund des Coronabedingten Saisonabbruchs und der deswegen für die endgültige Platzierung eingeführten Quotientenregelung blieb man der Liga erhalten.

Bei der Personalplanung für die anstehende Spielzeit blieben die Karlburger ihrer Maxime treu, auf vorwiegend junge, lernwillige Spieler aus der Region zu setzen. Der Erfahrenste unter den Neuen ist Abwehrmann Justin Meyer. Der 28-jährige bestritt bislang 110-Landesliga- und 25 Bayernligapartien. Eine Besonderheit stellt bei dem Verein aus dem Ortsteil der nördlich von Würzburg am Main gelegenen Stadt Karlstadt aus Brüderpaar Markus und Andreas Köhler dar. Während Markus (32) als Trainer fungiert, zieht sein fünf Jahre jüngerer Bruder die Strippen im Mittelfeld.

„Karlburg hat einige gute Leute geholt und ist vielleicht stärker als vorher“, stochert Klaus angesichts der langen Pause verständlicherweise etwas im Nebel. Seine Aussage, dass der TSV ein Gegner ist, „der mit uns auf Augenhöhe spielt“, macht deutlich, wohin die Reise für seine Klosterer gehen könnte. Gab es vor Corona berechtigte Aufstiegsambitionen, geht es ab sofort ausschließlich um den Klassenerhalt. Dass das Anfangsprogramm den SVS mit drei Aufsteigern sowie zwei zuletzt stets in den unteren Tabellenregionen angesiedelten Teams zusammenführt, ist für den Coach nicht unbedingt ein Vorteil: „Ich hätte diese Gegner lieber später gehabt, da wir dann sicherlich stärker sind. Andererseits sind alle anderen Mannschaften auch noch nicht eingespielt.“ Als einen „Wahnsinn“ bezeichnet er  den Marathon mit neun Spielen bis Ende August und befürchtet, dass „es in der Liga Verletzungen hagelt.“

Großartige Ausfälle kann sich der SVS angesichts des mit 17 Feldspielern und zwei Torhüter recht schmalen Aufgebotes nicht leisten. Insbesondere ein längerer Ausfall der Führungsfiguren Rosinger und Knorr könnte nicht kompensiert werden.  Dass sich beide schon im reiferen Fußballalter befinden und schon etliche Blessuren auskurieren mussten, lässt dieses Risiko weiter steigen. „Wir müssen bis Weihnachten zusammenwachsen“, baut der Trainer auf den Faktor Zeit.